In einer Studie aus dem Jahr 2011 las ich kürzlich, dass sich 70% der Personaler über ihre Bewerber in sozialen Netzwerken informieren. Facebook hatte dabei einen Anteil von 43%. Ich habe mich gefragt, ob ich das sinnvoll finde.
Die Personalauswahl ist trotz aller vermeintlich objektiver Kriterien immer subjektiv. Gefällt mir das Bewerbungsfoto? Finde ich bestimmte Stationen in den Curricula der Kandidaten besonders interessant? Warum finde gerade ich das interessant? Was hat das mit meiner eigenen Vita zu tun?
Zusätzlich befeuert wird dann mein Eindruck durch (private) Profile der Kandidaten, z. B. auf Facebook. Ist die Nutzung dieser Quelle als Information für mich zuverlässig? Nach welchen Kriterien sollen die von mir gewonnenen Erkenntnisse zielführend in meine Personalauswahl einfließen? Ist ein Bewerber, der sich in sozialen Netzwerken im Kreise seiner Freunde präsentiert automatisch ein Teamplayer? Welche Rückschlüsse ziehe ich über einen Bewerber, der mir seine letzten Fotos aus seinem Urlaub in Süd-Tirol zeigt, wo ich doch viel lieber in Mittelitalien Urlaub mache? Inwiefern wird meine Entscheidung, den Kandidaten kennen zu lernen von diesen Informationen beeinflusst? Und hat nicht jeder auch ein Recht auf eine private Person und darauf, dass ich ihn im Gespräch und später in der Zusammenarbeit persönlich kennen lerne?
Ich habe mich dazu entschieden, mich nicht in sozialen Netzwerken über Kandidaten zu informieren. Ich versuche, möglichst objektive Kriterien bei der Personalauswahl zu erarbeiten. Und während eines persönlichen Kennenlernens mache ich mir die Mühe, den Kandidaten in Gänze zu erfassen – soweit das ein Vorstellungsgespräch zulässt. Durch wertschätzende Fragestellungen und einen Kontakt auf Augenhöhe versuche ich, Vertrauen zu schaffen und erfahre dann vom Kandidaten direkt, was er mir erzählen möchte und was er für zu „privat“ hält. Ein Urteil kann ich mir dann immer noch bilden.
P.S.: Aufgrund der einfachen Lesbarkeit habe ich hier ausschließlich die männliche Form genannt.